Der Weg zum smarten Facheinzelhandel

Die fortschreitende Digitalisierung des Handels stellt vor allem die kleineren und mittleren Geschäfte vor neue Herausforderungen. Besonders inhabergeführte Fachhändler ohne starke Einkaufsgenossenschaften im Rücken überlegen, was sie der Sortimentsbreite, der Verfügbarkeit der Artikel und den Produktpreisen des boomenden Onlinehandels entgegensetzen können. 

Kernkompetenzen des Fachhandels

Eine Studie des Soziologischen Forschungsinstituts (SOFI) der Uni Göttingen zeigt dem stationären Handel trotz des fortschreitenden Digitalisierungsdrucks Chancen auf. Sie diagnostiziert vor allem eine Stärkung der klassischen Kompetenzen des Fachhandels: Die persönliche Kundenkommunikation und Beratung – das ‚Verkaufen können‘. Dabei ist es ganz wichtig, dass die Frontleute des Handels systematisch weiterqualifiziert werden. Einerseits müssen die Verkäufer die Fachkompetenz in Sachen Sortiment haben, um immer besser informiert zu sein als die Kunden. Andererseits sollten sie auch kontinuierlich die Preis- und Bewertungswelt der Online-Plattformen im Blick haben. Ihnen hilft ein nachvollziehbarer Argumentationsleitfaden dabei, den Käufern die Preisunterschiede zu vermitteln.

Entscheidungen mithilfe von Big Data 

Doch ist die Digitalisierung im Handel im vollen Gange und schafft auch Angebote für kleinere und mittlere Fachhändler. Sie sehen aber oft die Notwendigkeit nicht, dafür Budget einzukalkulieren. Selten setzen Fachgeschäfte auf die Möglichkeiten der Analyse von Kundenlaufwegen im Laden, wie etwa Einkaufsstraßen oder Fachmärkte die Auswertung von WLAN-Daten in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen. 

Einer der nächsten großen Handels-Hypes wird wohl das individuelle Pricing. Diese Methode bestimmt nicht nur für den Online-Einkäufer aufgrund der über ihn gesammelten Daten einen individuellen Preis. Auch stationär können via Smartphone identifizierten Kunden vor dem Regal besondere Rabatte auf bestimmte Waren offeriert werden.
Zusätzlich kann Digitalisierung ein persönliches Kundengespräch am Point of Sale (POS) aufwerten. Mit einem Tablet ergänzt ein Verkäufer das Ladensortiment um den verfügbaren Lagerstatus oder informiert über Bestell- und Lieferzeiten.

Datenmanagement schafft Kundenkenntnis

Arbeiten Händler mit einem individuellen Online-Konzept, ermöglicht ihnen ein digitalisierter POS eine wesentlich schnellere Erfassung von Interessentendaten als handschriftliche Notizen in der Kundenkarte. Über Gutscheinaktionen können Händler Anreize setzen, um Interessen abzufragen. So bauen sie sich eine Datenbank auf, die die Kaufhistorie veranschaulicht oder Stammkunden identifiziert. Es macht dabei Sinn, sich auf aussagekräftige Daten zu beschränken. Denn Datensammeln allein reicht nicht und entspricht auch nicht der Datensparsamkeit, die die DSGVO fordert. Umso wichtiger ist, dass Händler ihre Erkenntnisse in den Geschäftsbetrieb zurückkoppeln, um ihr Angebot und ihre Services an die Kundeninteressen anzupassen. Die Kontaktdaten lassen sich auch für gezielte Aktionen, speziell zugeschnittene Angebote oder besondere Events im Geschäft nutzen. Nach der normalen Öffnungszeit können dann Produktneuheiten oder Saisonwechsel mit einem ausgewählten Kundenkreis zelebriert werden. 

Informationsfluss zur Kundenbindung

Als Kommunikationswege bieten sich Social Media-Kanäle oder ein wohldosierter Newsletter mit Mehrwertinfos für Kunden an. Auch hier gilt die Regel: Weniger ist mehr. Lieber etwas seltener Infos oder besondere Angebote zusenden, als den sowieso schon überfrachteten Kunden weiter zu überfluten. Diese Online-Aktivitäten dürfen nicht ausschließlich an den Inhaber oder einen Internet-affinen Azubi gebunden sein. Die Prozesse müssen für alle Mitarbeitenden genauso selbstverständlich sein wie das tägliche Aufsperren des Geschäfts oder die Pflege der eigenen Homepage. Denn auch an dieser Stelle erwarten Kunden auf eine Anfrage per Mail eine schnelle Antwort, eher innerhalb von Stunden als in Tagen. Denn Kunden dulden heute weder lange Reaktionszeiten noch irrelevante Informationen.

Über den Autor

Thomas Tjiang ist freier Wirtschafts- und Lokaljournalist, Referent und Kommunikationsberater. Seit Anfang der 1990er Jahre hat er für alle Medientypen, wie Tages- und Monatspresse, Hörfunk, TV, Nachrichtenagentur und Online-Redaktionen gearbeitet. Der Literatur- und Kommunikationswissenschaftler lebt seit über 30 Jahren in Nürnberg. 

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