Kunden empfangen heißt auch einen „Empfang bieten“ statt unterbewusst abweisen. Retail Designer Stefan Suchanek erklärt, was stationäre Händler bei der Gestaltung des Eingangs zu Ihrem Geschäft beachten sollten.
… das haben Sie sicherlich oft gehört. Oder auch: „Nur, bei dem, der gesehen wird, wird auch gekauft…“ Dazu gehört zu einem großen Anteil nicht nur Ihr Werbeauftritt, sondern auch Ihr Geschäftsauftritt in Form von Fassade, Schaufenster und vor allem der Eingang. Doch dieser äußere Raum wird oft vom Händler selbst gerne übersehen, denn der reale Verkaufsvorgang findet ja im „Inneren“ statt. Vielen ist nicht bewusst, dass das „Äußere“ ein Motivator sein kann: Für das Eintreten, Wohlfühlen und Einkaufen.
So kann man Eingangsbereiche sehr ansprechend und werbeaktiv gestalten, um achtloses Vorbeigehen oder ein Übersehen zu vermeiden. Denn, wie mit einem gepflegten Kleidungsstil, senden wir auch mit der Gestaltung von Eingang und Fassade Botschaften, die sich wie ein Orientierungssystem auf den Kunden auswirken: Er wird unterbewusst gesteuert und zum Betreten eingeladen oder sogar… abgewiesen: Letzteres wollen Sie sicher vermeiden, oder?
Um sich in unserer bunten und mittlerweile überfrachteten Welt orientieren zu können, ist unser Bewusstsein gezwungen, Formen, Signale oder Situationen in kürzester Zeit zu bewerten und einzuschätzen, um Gefahren oder Risiken aus dem Weg zu gehen und – im übertragenem Sinne – unser Fortbestehen zu sichern. Auch ein Geschäft sendet Signale. Das ist nonverbale Kommunikation. Und diese bewirkt bei uns eine Reaktion…
So wirkt ein unsauberer Geschäftseingang mit einem achtlos weggeworfenen Taschentuch definitiv unhygienisch und ungesund, wir empfinden Ekel und: Vor einem feinen Restaurant wäre das die Erklärung, warum unser Unterbewusstsein doch noch mal zum Mitbewerber nebenan schaut, könnte dort ja auch ganz nett sein…
Oft ist auch zu erleben, dass Eingänge zu dunkel sind und dadurch unbehaglich wirken, da wir nicht erkennen wohin wir laufen, weil wir – ganz einfach – auch wir zu wenig wahrnehmen um einen Überblick zu finden. Ähnlich, wie wenn wir nachts mit dem Fahrrad ohne Licht in einen Tunnel zu fahren… das ruft sogar Ängste hervor, solchen Situationen versucht unser Gehirn aus dem Weg zu gehen. Ohne Licht gibt’s nichts zu sehen. Also: Räumen sie die Sicht frei und schalten Sie das Licht auch tagsüber bitte komplett an…
Besuchen Sie doch mal die kreativen Viertel von Berlin, London oder München, um die sich selbst die Handelsriesen mittlerweile reißen und lassen Sie sich inspirieren, wie Verkaufen in der Zukunft aussehen kann: Dort wirkt alles sehr privat und charmant wie von annodazumal: Die Produkte stehen in Körben, als Sonnenschutz ein sympathisches Schirmchen daneben eine auffällig lackierte Sitzbank mit flauschigen Kissen. Das setzt man sich gerne. Die fast zufällig wirkende Inszenierung ermöglicht Begegnungen von Menschen und wird zum Eyecatcher oder zur „lebenden Deko“. Und Menschen locken Menschen. Ihr Geschäft wird anziehend.
Erfolgreiche Geschäftsmodelle beweisen: Es kommt nicht nur auf die Exklusivität der Erscheinung an, vielmehr auf eine charmante Präsentation – also das nach innen und außen Sichtbarmachen, ob sie ihr Geschäft überhaupt lieben. Und das sind Impulse, die definitiv NICHT mit einem hohen finanziellen Aufwand in Verbindung stehen: Verwenden Sie z.B. eine rote statt einer grauen Schmutzfangmatte. Der Eingang wird betont, schneller als solches erkannt und schenkt dem Kunden das unbeschreiblich sexy Gefühl, hier ist er König. Auch der Türgriff sollte bitte weder aus Metall noch aus billigem Plastik sein. Denn der Türgriff ist die erste sensorische Begegnung und Berührung zwischen Kunde und Geschäft. Metall kann im Winter empfindlich kalt, im Sommer auch bei Sonneneinstrahlung heiß werden. Das führt zu unterbewussten Irritationen und Stress, statt angenehmen Einkauf. Und bei Plastikgriffen frage ich mich immer, ob der Inhaber wohl gerne Menschen mit Putzhandschuhen die Hand gibt…
Wir spüren an uns selbst, dass wir in der Rolle als Kunde nicht nur sehen, sondern auch gesehen werden wollen. Und das geht schon weit bevor Sie ihren Kunden freundlich bzw. persönlich begrüßen können – nämlich, wenn unser Geschäftsauftritt wertschätzende Attribute anbietet: Schöne Gestaltung, offene Türen, seitlicher Blumenschmuck, ein interessantes und leicht erkennbares Eingangsportal, ein angenehmer und einprägsamer Türgriff, helle Beleuchtung und vielleicht sogar eine Sitzbank oder ein roter Teppich, der mir signalisiert: „Du bist nicht ‚nur’ Geldbringer, sondern Du bist unser geschätzter Gast….you´re welcome.“
Über den Autor:
Stefan Suchanek ist Aesthetiker, Retail Designer, Berater, Speaker und Dozent für visuelle Rhetorik, Inszenierung & Argumentation an der AMD Akademie für Mode & Design in München. Seine Expertise zieht er aus Erkenntnissen der traditioneller Gestaltungslehre, Evolutionsbiologie und Hirnforschung, um dialogfähigere, intelligentere und achtsamere Geschäfts- und Verkaufsräume zu gestalten: Räume die eine positive Resonanz erzeugen, den Menschen wertschätzen und durch Sinn und Sinnlichkeit ein nachhaltiges und umsatzsteigerndes Wohlgefühl überzeugen.