Farben lenken uns vielmehr als wir ahnen: Es gibt Farben, die ziehen uns an, und es gibt Farben, die in uns ein Unbehagen auslösen. Ein dreckiges Braun erinnert uns an Verschmutzungen, erzeugt also Ekel und ist daher nicht von ungefähr die unbeliebteste Farbe.
Hinter den Farben steckt ein evolutionärer Code, der früher sogar überlebenswichtig war, weil wir reife Früchte von unreifen unterscheiden mussten. Lang bevor der Mensch mit Zeichen und Worten kommunizieren konnte, war Farbe bereits eines der wichtigsten Mittel der Verständigung und somit überlebenswichtig: Denn nur ein roter Apfel war reif und nahrhaft.
Die moderne Biologie erklärt, dass unser Auge und Gehirn auch aus evolutorischen Gründen auf Farbreize reagiert. Ein Beispiel: In unserem Auge tragen wir das für die Farbwahrnehmung spezialisierte Molekül Rhodopsin - welches bei roter Lichtfarbe das Stresshormon Adrenalin aktiviert und bei Blau das beruhigende Melatonin. Das zeigt, dass unser Unterbewusstsein auf Farben reagiert ohne, dass wir bewusst Einfluss darauf nehmen: Bei Rot wird uns warm. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt: Wir werden aktiv. Und das war nur ein Beispiel von vielen.
Die Welt der Farbe ist das größte Kommunikationssystem der Erde. Sie funktioniert nonverbal, kulturübergreifend und ist so selbstverständlich allgegenwärtig, dass uns gar nicht wirklich bewusst ist, wie Farbe unsere Emotionen und unsere Entscheidungen unterschwellig beeinflussen kann. Somit kann der gezielte und richtige Einsatz in Geschäftsräumen gewisse Codes in unserem Unterbewusstsein auslösen, mit denen wir tatsächlich sogar Empfindungen von Mitarbeitern oder Kunden steuern können.
Aber auch erlernte Farbsignale manipulieren unseren Körper: So scheint ein Orangensaft, der mit blauer, geschmacksneutraler Farbe eingefärbt wurde, für unseren Organismus eher bitter oder sauer zu schmecken. Grüne Räume symbolisieren Naturverbundenheit, Gelassenheit und Tradition. Gelb wirkt sonnig, aber auch schnell zu laut, grell oder altbacken. Rot ist ein sehr polarisierender Ton. Er symbolisiert Liebe, Wärme und Geborgenheit, aber auch Aggression und Übermacht. Blau steht für das reine, ruhige, saubere. Kann aber auch steril und kühl wirken. Die Verweildauer reduziert sich. Aktuell angesagt sind warme Graunuancen. Sie sind dezent, heben die Produkte hervor, passen hervorragend zu Holz, Tapeten und Kupfer- oder Goldaccessoires, die aktuell sehr im Trend liegen.
Für ein passendes und strategisches Farbkonzept sollte man seine Zielgruppe, sein Produkt, die damit verbundenen Assoziationen kennen, um entsprechende Stimmungen zu erzeugen, die durch ein perfekt abgestimmtes Farbambiente für ein positives Einkaufserlebnis und somit einer Umsatzsteigerung sorgen. Ein Fachmann hilft.
Oder helfen Sie sich selbst? Dann hier ein paar Tipps:
Farbe besitzt die wunderbare Möglichkeit, Räume in positive Emotionen zu tauchen, Produkte hervorzuheben, Marken zu unterstreichen. Somit können Farben tatsächlich mehr Aufmerksamkeit auf Ihr Geschäft und auf Produkte lenken und für mehr Umsatz sorgen.
Außerdem ist sie die einfachste, schnellste und günstigste Möglichkeit einen Raum zu verändern und Menschen zu berühren. Also: Haben Sie Mut. Und nehmen Sie Farbe. Sie ist die Poesie des Raumes.
Ich habe nichts dagegen, wenn man die Farbe sogar zu fühlen glaubt;
ihr eigenes Eigenschaftliche würde nur dadurch noch mehr betätigt.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Über den Autor:
Stefan Suchanek ist Aesthetiker, Retail Designer, Berater, Speaker und Dozent für visuelle Rhetorik, Inszenierung & Argumentation an der AMD Akademie für Mode & Design in München. Seine Expertise zieht er aus Erkenntnissen der traditioneller Gestaltungslehre, Evolutionsbiologie und Hirnforschung, um dialogfähigere, intelligentere und achtsamere Geschäfts- und Verkaufsräume zu gestalten: Räume die eine positive Resonanz erzeugen, den Menschen wertschätzen und durch Sinn und Sinnlichkeit ein nachhaltiges und umsatzsteigerndes Wohlgefühl überzeugen.