Vor einigen Jahren gab es eine Faustformel, die davon sprach, dass man seinen Kunden und sich selbst etwa alle sieben Jahre einen Umbau gönnen sollte, um frisch und kompetent zu wirken und am Ball zu bleiben. Damals gab es auch noch eine Saison, Weihnachtsgeld und man kaufte seine Schuhe, nachdem man sie anprobierte und nicht nur „anklickte“...
Die Zeiten werden scheinbar schneller, der Kunde digitaler und kritischer, die Margen geringer und die Aktualität mancher Produkte ändert sich bereits wöchentlich (kauft noch jemand Fidget Spinner?). Würde man sich auch ladenbautechnisch anpassen, müsste man alle paar Monate umbauen. Das ist ökologisch und ökonomisch gesehen aber völliger Unsinn. Trotzdem kann man mit etwas Köpfchen sein Geschäft stets frisch und vital wirken lassen. Wir sagen wie.
Die richtige Story macht Ihr Geschäft interessant - nicht das Investitionsbudget. Kurz: Inszenieren Sie sich. Denken wir nur an Theater, Zirkus oder Events, dann wissen wir, dass man auch mit übersichtlicher und kalkulierter Investition eine beeindruckende Inszenierung schaffen kann. PopUp Stores mit einem großen Erlebnis- und Begeisterungsfaktor sind effiziente Beispiele für den Ladenbau der Zukunft. Denn dort gibt es eine gut vorsortierte und kuratierte Auswahl an Produkten. Vorteil: Statt negativem Stress und zeitverschwendender Reizüberflutung bekommt der Kunde ein besonderes Gefühl der Wertschätzung. Und: Sie erfreuen alle Sinne und bleiben im Kopf.
Die Nachfrage nach Low-Budget Konzepten im Ladenbau ist in letzter Zeit nicht nur in Anbetracht der finanziellen Aspekte gestiegen, sondern auch ökologische, ökonomische und traditionelle Gründe sprechen dafür: Altes und Bewährtes respektvoll zu bewahren, neu zu integrieren, neu zu interpretieren. Es muss nicht immer gleich alles komplett rausgerissen werden. Der Umgang mit unseren bestehenden Ressourcen sollte nachhaltiger sein. Das ist gut: Für unsere Umwelt und Ihren Geldbeutel. Ein liebevoll renoviertes und dekoriertes altes Möbelstück hat definitiv einen besseren Effekt als manch teures, aber totes Ladenbausystem.
Die wichtigste Maßnahme, um Ihren Laden wie neu wirken zu lassen, ist ein gekonnter Einsatz von Licht: Das Geheimnis liegt in der Qualität, statt in der Quantität. Verzichten Sie auf eine trübe Lichtsuppe mit Energiesparleuchten. Das scheint zwar einigermaßen hell, aber Produkte wirken billiger als ihr Preis...und dann haben Sie ein Problem.
Lieber einige wenige punktuelle Strahler, aber dafür mit hoher Effizienz (z.B. LED) und Farbbrillanz (RA- oder CRI-Wert höher als 90% - der entsprechende Wert steht auf jedem Leuchtmittel). Das Auge und der Bauch bevorzugen ohnehin lieber dreidimensional und frisch wirkende Produkte, also wenn Farben, Konturen und Texturen durch Licht und Schatten zur Geltung kommen, anstatt flach und blass zu wirken.
Leiter raus, Handschuhe anziehen (Vorsicht heiß!) und jede Leuchte überprüfen. Kaputte Leuchtmittel austauschen und dann die Strahler auf die Ware, Aktionen, Werbemittel und auf Wandbegrenzungsflächen richten. Vielleicht merken Sie, dass manche Strahler sogar dreh- und schwenkbar sind und entweder in ungenutzte Ecken leuchten oder schlimmstenfalls den Kunden blenden. Im scheinbar „neuen“ Licht ist eine Offenbarung zu erleben. Eine richtig und gezielt eingestellte Beleuchtung gibt die Möglichkeit, fast aufwandslos den Raum zu verwandeln und wieder ins korrekte Licht zu rücken. Schaffen Sie Lichtinseln, trauen Sie sich Hell- und Dunkelkontraste abwechselnd einzusetzen, haben Sie Freude wie ein großer Maestro Ihre Verkaufsbühne zu inszenieren. Wenige Handgriffe wirken wie ein helles Wunder.
Alles weg, was nicht mit Verkauf zu tun hat. Überdenken Sie auch so manches Produkt, das bereits seit mehreren Jahren im Regal schlummert und dessen Oberfläche schon eine feinstaubige Patina annimmt. Aktionswoche und raus damit. Platz für Frisches und Neues. Bitte auch keine unnötigen Werbeplakate, vergilbte Fotos, oft beschädigt, gerne leicht „schräg weil frech“ oder in verschiedenen Höhen aufgehängt, viel zu klein und unleserlich. Auch ausgeblichene und verstaubte Kunststoffblumen oder ähnliche Accessoires haben in einem Laden bitteschön nichts mehr zu suchen. Außer beim Bestatter. Es wirkt unseriös, oft verwirrend, unkompetent und unprofessionell. Entstauben und befreiend, Sie Ihren Laden von allem Unnötigen. Man kann nur gewinnen: Übersicht, Ordnung, Sauberkeit, Licht, Luft und Ästhetik. Der Blick konzentriert sich wieder auf die Ware und wird nicht abgelenkt. Das wirkt nicht nur befreiend sondern manchmal sogar, wie frisch renoviert. Und ist noch Platz übrig: Dann gönnen Sie sich eine Espressomaschine oder eine einladende Lounge mit Omas Ohrenbackensessel und einer Stehleuchte dazu.
„Farbe ist die Poesie eines Raumes“ und beeinflusst wirksam das Ambiente Ihres Ladengeschäftes – weil meist große Flächen davon betroffen sind. Farbe ist auch die günstigste und einfachste Möglichkeit einem Raum wieder ein völlig neues Erscheinungsbild zu geben. Trauen Sie sich, haben Sie Mut. Mit einem abgestimmten Farbkonzept bringen Sie Stimmungen und Emotionen in den Raum. Aktuell liegen warme und helle Grautöne stark im Trend. Das Ganze wird dann abgerundet mit einer intensiver oder dunkler gestrichenen Wand oder sogar einer graphischen Tapete. Eyecatcher und Stimmungsmacher. Entscheidender Vorteil: Eine thematische und farbliche Abstimmung macht Ihr Facelift professionell.
Die Möblierung ist oft der aufwändigste und somit auch der teuerste Posten, wenn ein Verkaufsraum umgebaut wird. Die Frage, ob diese eigentlich noch verwendet werden kann, wird meist gar nicht gestellt. Wie selbstverständlich wandern betagte Präsentationsmöbel, Kassen und Tische einfach auf den Sperrmüll.
Doch ein wenig Mut und Kreativität würden so manchen, noch funktionstüchtigen Einbau oder Tisch retten und wieder ins richtige Rampenlicht rücken. Frischer Look durch neue Griffe, Beschläge, Furniere, Farben. Klemmende Auszüge vom Fachmann überarbeiten lassen, eine intensiv abgenützte Arbeitsplatte durch einen neuen Werkstoff austauschen oder auch mit gut haftenden Lacken der Oberfläche einen neuen kreativen Glanz verleihen. Die Ideen sind vielfältig, zum Teil auch in Eigenregie realisierbar. Und man spart sich nicht nur die Demontage, die Entsorgung und den Neueinbau plus Lieferung, etc.
Wie bereits erwähnt: Die Story und Atmosphäre zählt. Kein Wunder, dass in vielen erfolgreichen Geschäften eine fast schon wohnliche Situation vorzufinden ist: Samtiger Loungesessel, gemütlicher Dekokamin, eine Stehleuchte, flauschiger Teppich, lässige Vintagemöbel, cooler Sound und dazu noch eine inszenierte Ecke fürs ideale Instagram – Selfie... egal ob Beach Club -Style, Asia-Lounge oder ein altes Klassenzimmer: Inspirationen und Ideen gibt es genug. Nur Mut. Und das richtige Rezept ist ganz einfach – es besteht aus drei Buchstaben: TUN.
Über den Autor:
Stefan Suchanek ist Aesthetiker, Retail Designer, Berater, Speaker und Dozent für visuelle Rhetorik, Inszenierung & Argumentation an der AMD Akademie für Mode & Design in München. Seine Expertise zieht er aus Erkenntnissen der traditioneller Gestaltungslehre, Evolutionsbiologie und Hirnforschung, um dialogfähigere, intelligentere und achtsamere Geschäfts- und Verkaufsräume zu gestalten: Räume die eine positive Resonanz erzeugen, den Menschen wertschätzen und durch Sinn und Sinnlichkeit ein nachhaltiges und umsatzsteigerndes Wohlgefühl überzeugen.