Interview mit Sonja Koschel, Marketmedia 24

Branchen-REPORT Papier, Bürobedarf und Schreibwaren 2023

 

Pietro Giarrizzo: Wie wird sich die deutsche PBS-Branche in Zukunft entwickeln und welches Kaufkriterium wird dabei besonders wichtig sein?

Sonja Koschel: Die Zukunft wird von vielen Unwägbarkeiten bestimmt. Viel hängt von der Entwicklung des Ukrainekriegs ab. Allerdings gründen die von den Wirtschaftsinstituten derzeit prognostizierten niedrigen Wachstumsraten auch auf tieferliegende politische und gesellschaftliche Probleme, unter anderem der bisher unzureichenden ökologischen Transformation, der „überbordenden Bürokratie“, dem staatlichen Investitionsdefizit, dem zunehmenden Fachkräftemangel. Auf mittlere Sicht empfiehlt es sich also, nicht zu optimistisch zu sein. Das gilt auch für die spezifischen Herausforderungen für die PBS-Zukunft: Die Veränderungen in der Büroarbeitswelt – Stichwort Homeoffice und Anforderungen der Generation Z, die Digitalisierung als zentrale Aufgabe sowie die Nachhaltigkeit und der Klimaschutz zwingen zu Konsequenzen und Strategien auf Produkt-, Logistik- und Vertriebsebene. Zudem muss mit weiter steigenden Preisen gerechnet werden. Sowohl die Zukunftsszenarien bis 2030 im neuen „Branchen-REPORT Papier, Bürobedarf und Schreibwaren 2023“ als auch die Antworten der repräsentativen Forschung unter Konsumentinnen und Konsumenten, die exklusiv für diese Studie erhoben wurden, liefern viele Ansätze für die kurz- und längerfristige Unternehmensplanung. Bei Büro- und Schulbedarf beispielsweise ist das Thema Nachhaltigkeit von größerer Bedeutung. Hierin besteht über fast alle Einkommensklassen hinweg Konsens, und bei den Spitzenverdienern voten sogar 100 Prozent pro Nachhaltigkeit. Im Schlepptau der Nachhaltigkeit findet auch die europäische Provenienz der Produkte breite Zustimmung. Ein Argument, das bei den Deutschen insgesamt zieht und – differenziert nach Zielgruppen – bei den Männern mehr als bei den Frauen und bei den Zielgruppen ab 50 Jahren mehr als bei den Jüngeren. Ein günstiger Preis überzeugt zwangsläufig die unterste Einkommensgruppen in vollem Maße. Aber selbst da, wo mehr Geld zur Verfügung steht, spielt der Preis auf den zweiten Blick durchaus eine Rolle. Nur geringe Kompromissbereitschaft besteht bei der Verfügbarkeit bzw. Lieferbarkeit von Produkten.
 

Pietro Giarrizzo: Welche Ergebnisse liefert die repräsentative Konsumentenforschung zu den bevorzugten Werbekanälen der Zielgruppen, insbesondere bei den jüngeren Konsumenten? Und welche Bedeutung haben Social Media-Kanäle für die PBS-Branche?

Sonja Koschel: Wer von den jungen Zielgruppen gesehen und gesucht werden will, der kommt an Social Media-Kanälen nicht vorbei. Das gilt für PBS genauso wie für alle Konsumgüterbranchen. Auch wenn wir damit noch am Anfang stehen, unterstreicht unsere jüngste Konsum-Forschung diesen Trend. Zwar geben rund 58 Prozent der Befragten an, dass Werbeprospekte für sie als Informationsquelle „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“ sind. Darunter 41 Prozent der Mid Ager (25 bis 49 Jahre) und noch immer 45 Prozent der Youngster (bis 24 Jahre). Noch wichtiger sind für die beiden genannten Zielgruppen die Erfahrungen bzw. Empfehlungen aus dem Freundes-, Familien-, Studienkreis oder der Kollegschaft. Spitzenverdiener orientieren sich zudem gern auf Suchmaschinen wie Google, Bing etc. Ein klares Zukunftsthema aber ist Social Media, denn fast 47 Prozent der Youngster nennen hier als ein Beispiel TikTok als (sehr) wichtige Informationsquelle.

 

Pietro Giarrizzo: Inwiefern beeinflusst das gesteigerte Interesse der „Youngster“ an nachhaltigen Produkten die zukünftige Entwicklung des Fachhandels in der PBS-Branche

Sonja Koschel: Tatsächlich hat der Fachhandel bei den Youngstern aktuell ein sehr gutes Standing. Während von der Gesamtheit der Befragten gut 50 Prozent Papier, 62 Prozent Büro- und Schulbedarf und noch einmal 60 Prozent Schreibwaren im Fachhandel kaufen, fallen die entsprechenden Antworten bei der jungen Kundschaft deutlich höher aus. So kaufen gut 76 Prozent der Youngster bei diesem Handelsformat ihren Büro- und Schulbedarf. Wer sich an den Wertvorstellungen, Trend- und Shoppingwünschen dieser Zielgruppe orientiert, hat also gute Chancen aus den Erstkäufern Stammkunden zu machen. Zumal Nachhaltigkeit ein zentrales Thema bei den nachwachsenden Generationen ist und dort noch wichtiger werden wird. Dafür reicht es allerdings kaum aus, nur eine „grüne“ Sortimentsecke anzubieten.

 

Pietro Giarrizzo: Wie lauten die Schlüsselergebnisse der neuen Studie von Marketmedia24 und wie können diese Erkenntnisse auf die verschiedenen Marktsegmente angewendet werden?

Sonja Koschel: Für den Blick in die Zukunft werden in der neuen PBS-Studie, ausgehend von den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit, in unterschiedlichen Szenarien alternative Zukünfte vorausgedacht. Illustriert wird damit, was beispielsweise im Bereich Büro- und Schulbedarf auf die Branche zukommen könnte. So hat der Umsatz dieser Warengruppe in den Jahren 2012 bis 2019 leicht zugelegt, ist aber dann in den drei Corona-Jahren auf rund 3,3 Milliarden Euro abgestürzt. Würde sich dieser Trend unverändert fortsetzen, dann lägen die Umsätze 2030 wieder ungefähr auf dem heutigen Niveau. Besser sieht es im Best Case Szenario aus, denn in dieser Vorausschau könnten die Umsätze für Büro- und Schulbedarf 2030 immerhin auf dem Vor-Corona-Jahr 2019 liegen.


Pietro Giarrizzo: Wie können ausländische Unternehmen und Aussteller die Erkenntnisse aus Ihrer repräsentativen Konsum-Forschung in Deutschland nutzen, um ihre Marktposition zu stärken und erfolgreich in den deutschen Markt einzutreten?

Sonja Koschel: Die Konsum-Forschung gibt exakte Auskunft über das Kaufverhalten der Deutschen bei PBS. Dafür liefert die Studie Antworten auf Fragen nach dem jeweiligen Kaufanlass, nach der Kaufhäufigkeit sowie nach dem Bekanntheitsgrad der Industriemarken. Detailliertere Hinweise auf die strategische Ausrichtung für ausländische Unternehmen geben die Auswertungen je Zielgruppe, bei denen unterschieden wird zwischen Männern und Frauen, vier Generationen, neun Einkommensgruppen sowie zwischen Haushalten mit und ohne Kinder. Dabei dürften die Auskünfte über die wichtigsten Kaufkriterien, die bevorzugten Informationsquelle – also Werbekanäle – sowie die beliebtesten Shopping-Kanäle besonders aufschlussreich sein, um auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.

 

Kontakt zur Interviewpartnerin

Sonja Koschel,
Marketmedia24, Inhaberin
Phone +49-2236-331 6931
koschel@marketmedia24.de

 

Marktmedia24
ist ein Marktforschungs- und Beratungsinstitut in Köln.
Gegründet 2010, bündelt Marktmedia24 das Wissen von rund zwanzig Spezialisten. Sie besuchen Branchenhotspots und -events, sprechen mit Marktplayern und -influencern.
Ihre Lösungen umfassen Marktstudien und Zielgruppenanalysen, Insights in Brand Awareness und Recognition sowie Forecasts und Zukunftsforschung. Für das wissenschaftliche Fundament nutzen sie Methoden wie Primärforschung, Frequenzzählung, Mystery Shopping und Sekundärmarktforschung. Das Ergebnus fließt in Studien, Statistiken und Beratungen ein.

Über den Autor:

Pietro Giarrizzo, Chefredakteur der Fachzeitschrift PBS Report, führte das Interview mit Sonja Koschel von Marketmedia24 für die Insights-X News.

LinkedIN: www.linkedin.com/in/pietro-giarrizzo

 

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