
Bunt verzierte Schultüten, der Verzehr eines speziellen Joghurts oder ein Blumenstrauß für die Lehrer. Rund um die Welt gibt es Feiern, wenn Kinder ihren 1. Schultag antreten. Darunter befinden sich weltweit ähnliche, aber auch einzigartige Rituale zur Einschulung. Laut einer Meldung der UNICEF im August 2021 hat sich allerdings für 140 Millionen Kinder aufgrund der Covid-19 Pandemie die Einschulung auf unbestimmte Zeit verschoben. Mehr als 8 Millionen Schulanfänger warten bereits seit über einem Jahr darauf, endlich in die Schule gehen zu dürfen. Umso größer wird die Freude über die Feiern am 1. Schultag sein, wenn sich dann endlich die Schultore für sie öffnen.
Neben den Willkommenszeremonien, die in vielen Ländern abgehalten werden, gibt es ganz typische Rituale, um den ersten Schultag zu feiern. Ob zusammen in der Schule oder privat mit der Familie, Verwandte werden eingeladen, um die Einschulung gemeinsam zu zelebrieren. In Mexiko und Deutschland und vielen anderen Ländern werden zur Erinnerung an den Beginn des neuen Lebensabschnitts, viele gemeinsame Fotos gemacht.
"In Mexiko versammeln sich die Kinder auf dem Schulhof, um die mexikanische Flagge zu hissen und die neuen Schüler zu begrüßen. Nach dieser Zeremonie gehen die Kinder in ihre Klassenzimmer, um sich gegenseitig und ihren Lehrer kennenzulernen." Andrea Núñez Oberg, Freie Journalistin, Mexiko
Zusätzlich ist es, unter anderem in Mexiko, Deutschland und Italien üblich, dass am ersten Schultag kein normaler Unterricht stattfindet. Viel mehr stehen das Kennenlernen und Eingewöhnen im Vordergrund. Des Weiteren herrscht in vielen Ländern eine Uniform-Pflicht innerhalb der Schule. In den ärmeren Regionen, wie Südafrika und Brasilien, wird der Kauf und das Auspacken und Anziehen gefeiert. In Russland und der Ukraine ist es üblich, dass die Mädchen weiße und bunte Bänder in die Zöpfe geflochten bekommen. Zusätzlich erhält der Lehrer einen Blumenstrauß von den Kindern. In der Ukraine erhalten die Kinder im Gegenzug eine kleine Aufmerksamkeit.
Doch nicht in jedem Land hat die Einschulung eine große Bedeutung. In Japan wird lediglich eine Zeremonie, in der Aula oder auf dem Schulhof, abgehalten. In Frankreich und Nigeria hingegen, wird auf jegliche Rituale und Zeremonien verzichtet. In Nigeria erinnert der erste Schultag, mit dem Überprüfen der Fingernägel, dem gemeinsamen Gesang und dem Sport am Morgen, an jeden anderen Schultag.
Neben Frankreich und Nigeria hat auch in Spanien der Beginn der Schulzeit keine große Bedeutung. Im Alter von 3 Jahren kommen die Kinder in die Vorschule, auch „infantil“ genannt. Diese beginnen sie einzeln, so dass die Lehrer die Neulinge ganz individuell begrüßen, kennenlernen und eingewöhnen können. Die Vorschule ist ähnlich zur Grundschule aufgebaut und befindet sich oft im selben Schulgebäude. Somit kennen die Schüler zu Beginn der Grundschule mit 6 Jahren den Ablauf und den Ort. Sie freuen sich darauf, nach den großen Sommerferien alle ihre Schulkameraden wiederzutreffen.
“In Spanien haben einige Rathäuser damit begonnen, Schulen eine kleine Show anzubieten, z. B. ein Theater, das die Kinder am ersten Schultag besuchen können.“Miriam Morante Bonte, AIJU Trend researcher, Spanien
Weltweit haben einige Länder einzigartige Traditionen zur Einschulung. So beginnen in Indien die Kinder den Tag damit, dass sie einen speziellen Joghurt verzehren, der ihrer Schullaufbahn Glück bringen soll. Zusätzlich malen die Eltern ihnen den traditionellen roten Punkt auf die Stirn, auch Tika oder Tilaka genannt. Dieser gilt in Indien als hinduistisches Segenszeichen. In Grönland zählt die Einschulung zu den wichtigsten Festtagen im Leben. Sie wird mit einer gemeinsamen und großen Schulfeier zelebriert. Neben den Grönland-Flaggen steht hierbei die Tracht im Vordergrund, beides soll den Nationalstolz repräsentieren und die Schulgemeinschaft stärken. In Großbritannien feiern Lehrer und die Klassen die Einschulung lediglich mit einer Zeremonie in der Schule. Einzigartig ist jedoch, dass der Klassenlehrer vorher die Familie zu Hause besucht. So schlägt das erste Kennenlernen eine Brücke zwischen dem Schulalltag und dem Zuhause der Kinder.
In Deutschland gibt es neben der Feier mit den Verwandten und der gemeinsamen Zeremonie in der Schule samt Rede des Direktors, ein einzigartiges Ritual: Alle Kinder erhalten am ersten Schultag von ihren Eltern eine Schultüte und einen Schulranzen. Diese sind mit nützlichen Sachen für die Schule, vielen Süßigkeiten und kleinen Geschenken gefüllt. Zusätzlich bekommen die Kinder oftmals neue Kleidung geschenkt und werden für die vielen Fotos schick angezogen, für die sich oft auch extra zum Fotografen gehen. Bei den Fotos sticht besonders die Schultüte ins Auge. Die Eltern haben sie entsprechend der Vorlieben der Kinder ausgesucht oder oft sogar liebevoll selbst gebastelt.
“Es mag wie ein Witz klingen, aber es ist wahr: Wenn die Eltern in Italien ihre Kinder nach dem ersten Schultag wiedersehen, fragen die Mütter: 'Und, was habt ihr gemacht?' und die Schüler antworten: 'Nichts'.“Daniele Caroli, Fachjournalist, Italien
In Italien läuft die Einschulung, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, ähnlich ab. Neben Fotos, dem gemeinsamen Einkaufen der benötigten Schulsachen und verschiedenen Kennenlernspielen innerhalb der Klasse, gibt es ein verbreitetes Ritual: Am Ende des Schultages machen die Lehrer Fotos von den Kindern und erzählen ihnen, dass diese zusammen mit den selbst geschriebenen Namen am nächsten Tag im Klassenzimmer aufgehängt sein werden. Dadurch wecken die Lehrkräfte die Neugier der Schüler, so dass diese vorfreudig schon dem nächsten Schultag entgegenfiebern.
Eins ist sicher nach den Wochen und Monaten der Schulschließungen und des Homeschoolings, Schüler weltweit schätzen den Schulbesuch viel mehr als vor der Pandemie. So bleibt zu den 140 Millionen Kindern, die auf ihren ersten Schultag warten, zu wünschen, dass die Lehrer auch sie endlich willkommen heißen können.