Design Thinking – Strategie statt Schleifchen

Das Problem ist bekannt: Um besser am Markt zu punkten, erhält ein Produkt am Ende ein paar neue Features, eine neue Farbe oder ein zusätzliches Schleifchen, unterstützt von viel Marketing. Im Gegensatz dazu macht nun das Schlagwort vom Design Thinking die Runde. Bei diesem Ansatz geht es um einen strategisch-methodisches Vorgehen, das über die einzelne Veränderung von Design, Form oder Technik hinausgeht. 

Der Nutzer im Zentrum der Problemlösung

Das renommierte Hasso-Plattner-Institut etwa spricht davon, „Nutzerwünsche und -bedürfnisse sowie nutzerorientiertes Erfinden ins Zentrum des Prozesses“ zu stellen. Dadurch  schauen Design Thinker durch die Brille des Nutzers auf das Problem und begeben sich dadurch in die Rolle des Anwenders, erklärt die Denkfabrik. Das ist prinzipiell nichts Neues, weil schon immer der Köder dem Fisch schmecken musste. Neu ist allerdings die klare Methodik, mit der eine innovative Problemlösung identifiziert wird: Sie ist die Schnittmenge von technologischer Machbarkeit, wirtschaftlicher Tragfähigkeit und menschlicher Erwünschtheit 

Neue Denk- und Arbeitskultur für Teams

Um eine komplexe Problemstellung etwa in Form eines neuen Produkts zu identifizieren, verlangt das Design Thinking einen radikalen Abschied von bisherigen Experten und ihren Abteilungen. Vielmehr ist eine gemeinschaftliche Denk- und Arbeitskultur gefordert, die fachübergreifend agiert. Dafür werden beispielsweise zu den technischen Entwicklern, auch Einkäufer, Fachleute aus der Produktion, Vertriebler, Leute von der Kundenhotline, CSR-Manager zusammengetrommelt, damit sie aus möglichst vielen Blickwinkel gemeinsam unter Anleitung eine konkrete Lösung erarbeiten.

Experimentierräume für die Zukunftsgestaltung 

Gearbeitet wird in variablen Räumen, die Platz zur Visualisierung haben und den Austausch zwischen den Teams befördern. Das können Experimentierräume sein, wie sie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in dem gleichnamigen Portal beschreibt: Wer neue Lösungen sucht, braucht Transparenz und Neugier, Mut und Kreativität, den offenen Austausch und die Bereitschaft, Fehler zu machen. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO hat ebenfalls für das Projekt „New Work“ Erfolgsfaktoren für neue Formen der Arbeit in einer Arbeitswelt 4.0 identifiziert. Aus der Schweiz stammt beispielsweise die Bürolösung „InnOffice Lab“ von Biella und Bigla Office, das ebenfalls als Büro der Zukunft Raum für Design-Thinking-Workshops bietet.

Die Phasen des Design-Thinking-Prozesses

Der Design-Thinking-Prozess basiert auf sechs Phasen: 

  1.  Verstehen des Problems
  2. Beobachten von Nutzern
  3. Sichtweise definieren und verdichten
  4. Ideen finden
  5. Prototypen entwickeln 
  6. Zielgruppentests 

Der Prozess ist so angelegt, dass immer wieder von einer zur anderen Phase rückgekoppelt wird. Stimmen also z.B. die Ideen noch mit den Beobachtungen überein oder erfüllt der Prototyp wirklich die definierte Sichtweise.
 

Auszeichnung für Kerze, Schneidebrett und intelligentes Pflegepflaster 

 

Einen Schritt weiter geht das Institut für Universal Design IUD, dass beim Design Thinking nicht nur auf eine gelungene Problemlösung aus Kunden- und Unternehmenssicht setzt. Vielmehr sollen Funktionalität, Ergonomie, Materialien, Gebrauchsvisualisierung, Bedienoberflächen und Ästhetik sinnvoll verbunden werden. Alljährlich werden Produkte, Architekturen und Dienstleistungen unter diesen Kriterien unter die Lupe genommen. Hier finden Sie eine Übersicht und das IUD- Jahrbuch 2018

Service Design

Analog zur Produktentwicklung durch Design Thinking sorgt Service Design – oder auch Service Design Thinking – für intuitiv bedienbare Dienstleistungen. Die US-Riesen wie Airbnb, Apple oder Uber sind dafür Paradebeispiele, wie der komplette Prozess einer Dienstleistung nutzerfreundlich gestaltet sein kann. Von der Anmeldung über Nutzung bis zur Bezahlung erscheinen die Dienste kinderleicht und sich selbst erklärend.

Diese gelernte und vertraute Führung ist Maßstab gerade für B2C-Angebote in der digitalen Welt. Daran müssen sich Online-Shopanbieter, Banken und Versicherungen und Verkehrsdienstleister orientieren, wenn sie ihre Service-Welt designen. Nach den gleichen Prinzipien lassen sich auch alle Offline-Probleme an Kundenschnittstellen angehen und mit der systematischen und strategischen Methodik lösen.

Über den Autor

Thomas Tjiang freier Wirtschafts- und Lokaljournalist, Referent und Kommunikationsberater. Seit Anfang der 1990er Jahre hat er für alle Medientypen, wie Tages- und Monatspresse, Hörfunk, TV, Nachrichtenagentur und Online-Redaktionen gearbeitet. Der Literatur- und Kommunikationswissenschaftler lebt seit über 30 Jahren in Nürnberg. 

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